Das Lastenausgleichsgesetz 2024 lässt die Gerüchteküche brodeln. Insbesondere unter Immobilienbesitzern sorgt die Überarbeitung des Gesetzes für viel Diskussionsstoff und Verunsicherung. Die dabei prominenteste Frage: Droht mit der Gesetzeserneuerung der Lastenausgleich und die Zwangshypothek?
In diesem Artikel erfahren Sie, welche der kursierenden Gerüchte tatsächlich wahr sind. Zudem werfen wir einen genaueren Blick auf die Änderungen, die Sie im kommenden Jahr erwarten werden.
Übersicht
Geschichte des Lastenausgleichs
Das Lastenausgleichsgesetz wurde ursprünglich im Jahr 1952 eingeführt, als eine Reaktion auf die Herausforderungen der Nachkriegszeit. Ziel war es, eine gerechtere Verteilung von Kriegsschulden zu erreichen. Bürgerinnen und Bürger, die besonders stark von den Auswirkungen des Krieges betroffen waren, sollten finanziell entlastet werden. Dabei sollten Ausgleichszahlungen von denjenigen geleistet werden, die noch über ein beträchtliches Vermögen verfügten.
Die Maßnahme sollte nicht nur den Opfern eine finanzielle Entschädigung ermöglichen, sondern auch den wirtschaftlichen Wiederaufbau fördern.
Ermittlung der Ausgleichszahlungen
Im Jahr 1948 wurde der Wert des Sachvermögens von Bürgern ermittelt, die Ausgleichszahlungen leisten mussten. Anschließend waren 50 % des berechneten Werts zu entrichten. Die Zahlungen konnten über einen Zeitraum von 30 Jahren in bis zu 120 Raten erfolgen. Personen, die die Zahlungen nicht leisten konnten, mussten in der Regel ihr Sachvermögen abtreten.
Auslöser für Spekulationen
Die Gerüchte hinsichtlich des Lastenausgleichs 2024 sind nicht ganz unbegründet. Diverse Ereignisse verleiten Immobilienbesitzerinnen und -besitzer zur Besorgnis.
- Die wirtschaftlichen Folgen von COVID-19, dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise sind beträchtlich. Viele Immobilienbesitzer sorgen sich aufgrund der Inflation um ihr Vermögen und fürchten, die Einführung eines Lastenausgleichs als wirtschaftliche Gegenmaßnahme. Das Lastenausgleichsgesetz 2024 sieht zudem Entschädigungsansprüche für durch „Schutzimpfungen Geschädigte“ vor; auch hier wird vermutet, Ansprüche könnten über einen Lastenausgleich finanziert
- Der Zensus 2022 und die Reform der Grundsteuer sind ein weiterer Grund zur Besorgnis. Der Zensus ist eine alle 10 Jahre stattfindende Volkszählung, die auch die Erfassung von Gebäuden und Wohnungen umfasst. Die Grundsteuerreform betrifft Grundbesitzer sowie Immobilieneigentümer und zielt auf eine einheitlichere Besteuerung von Immobilien ab. Bis zum 31. Januar 2023 mussten Eigentümer eine Grundsteuer Feststellungserklärung abgeben, die zur Neubewertung der Immobilien und zur Festlegung des Steuermessbetrags verwendet wird. Es wird spekuliert, dass der Staat sich auf einen Lastenausgleich vorbereitet, indem er sich einen Überblick über das Vermögen
- Einige Politiker und Parteien sprechen sich für einen Lastenausgleich aus. Darunter Sigmar Gabriel, der zu Beginn der Pandemie sagte: „Unsere Eltern und Großeltern haben schon mal eine Lösung finden müssen – die nannten wir Lastenausgleich. Es kann schon sein, dass es zu einem solchen Lastenausgleich kommen wird.“
- Ab dem 1. Januar 2024 werden mit der Einführung des Sozialen Entschädigungsrechts im Sozialgesetzbuch(SGB XIV) sämtliche Entschädigungsbestimmungen zusammengefasst und modernisiert, einschließlich des Lastenausgleichsgesetzes. Die Überarbeitung des Gesetzes lässt vermuten, dass ein, auf die wirtschaftliche Lage angepasster, Lastenausgleich bevorsteht.
Um die Spekulationen rund um den Lastenausgleich besser einordnen zu können, betrachten wir das überarbeitete Lastenausgleichsgesetz genauer.
Änderungen des Lastenausgleichsgesetzes
Das Lastenausgleichsgesetz erfährt eine wichtige Neuerung durch die Aktualisierung der entschädigungsberechtigten Personengruppen. Diese Anpassung ist aus zwei Gründen erforderlich: Zum einen nimmt die Anzahl der Kriegsbetroffenen stetig ab. Zum anderen gibt es bereits Personengruppen, die nach anderen Gesetzen anspruchsberechtigt sind und aus Gründen der Klarheit in das Gesetz aufgenommen wurden. Hierzu zählen:
- Opfer von Gewalttaten, einschließlich Terroranschlägen,
- derzeitig und künftig Betroffene von Kriegsfolgen beider Weltkriege,
- Personen, die durch Ereignisse im Zusammenhang mit dem Zivildienst geschädigt wurden und
- durch Schutzimpfungen Geschädigte.
Verbesserungsmaßnahmen
Die Reform umfasst verschiedene Maßnahmen, die eine verbesserte Unterstützung für Leistungsberechtigte ermöglichen sollen. Dazu gehören:
- Die Zusammenfassung des Sozialen Entschädigungsrechts im SGB XIV, schafft Transparenz und Rechtsklarheit; sie erleichtert die Identifizierung von Ansprüchen und die Gesetzesdurchführung.
- Das SGB XIV erweitert den Kreis der Leistungsberechtigten, unter anderem auf Schockschadensopfern.
- Der Zugang zu schnell wirksamen Leistungen wird verbessert, darunter die Bereitstellung von Traumaambulanzen und einem Fallmanagement.
- Es kommt zu einer deutlichen Erhöhung der monatlich anrechnungsfreien Entschädigungsleistungen.
- Der Teilhabegedanke wird gestärkt, da Leistungen einkommens- und vermögensunabhängig erbracht werden.
- Das Soziale Entschädigungsrecht unterstützt Opfer sexueller Gewalt, da sämtliche Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung unter den überarbeiteten Gewaltbegriff fallen, der Leistungsansprüche gemäß dem SGB XIV ermöglicht.
- Verbesserungen für Gewaltopfer und Terroropfer wurden vorgezogen und sind rückwirkend zum 1. Juli 2018 in Kraft getreten. Diese Änderungen betreffen unter anderem eine Erhöhung der Waisenrenten und des Bestattungsgeldes im Falle eines schädigungsbedingten Todes.
Lastenausgleich 2024: Realität oder Spekulation?
Wie Sie sehen, ist die Bezeichnung „Lastenausgleichsgesetz 2024“ irreführend, da das Soziale Entschädigungsrecht grundlegend vom ursprünglichen Lastenausgleichsgesetz abweicht. Es zielt nicht auf eine Umverteilung von Vermögen ab, sondern legt die Bedingungen fest, unter denen Leistungen durch den Lastenausgleich möglich sind. Gerüchte und Falschmeldungen werden bestehen bleiben. Tatsache ist jedoch:
- Laut dem SGB XIV erfolgt die Entschädigung von Impfgeschädigten weiterhin durch Bund und Länder.
- Die Grundsteuerreform und der Zensus sind eigenständige Prozesse, die keine Verbindung zum Lastenausgleich haben.
- Trotz politischer Debatten gibt es bisher keine Entscheidung, die auf eine Vermögensabgabe in absehbarer Zeit schließen lässt.
- Die Lage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war weitaus prekärer als nach der Corona-Pandemie: Die Verluste waren größer und der Wiederaufbau konnte nicht allein durch reguläre Steuereinnahmen finanziert werden.
Fazit
Bei dem „Lastenausgleichsgesetz 2024“ handelt es sich um das Soziale Entschädigungsrecht im 14. Sozialgesetzbuch. Die Gesetzesreform fasst sämtliche Entschädigungstatbestände zusammen, dient der Vereinfachung von Entschädigungsprozessen und bietet Unterstützung für ein breiteres Spektrum von Personen.
Immobilienbesitzerinnen und -besitzer können beruhigt aufatmen: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die auf Vermögensabgaben oder einen Lastenausgleich hinweisen – ein Lastenausgleich im Jahr 2024 oder sogar 2025 ist daher äußerst unwahrscheinlich.